Thomas Pesendorfer – Der Schöpfer des Wiener Philharmonikers
Jeder Münzsammler und Goldanleger kennt ihn, den „Wiener Philharmoniker“. Die Münze mit Motiven des berühmten österreichischen Orchesters ist wohl eine der meistverkauften Goldmünzen der Welt und das Aushängeschild der Münze Österreich – und das bereits seit 1989. Das Design stammt von Thomas Pesendorfer, seines Zeichens von 1993 bis 2016 Chefgraveur der Münze Österreich. Doch wer ist Thomas Pesendorfer eigentlich und wie wurde er so erfolgreich?
Vom Wunschberuf Bildhauer zum Traumberuf Chefgraveur
Nach der Schule wollte Thomas nur eines, Bildhauer werden. Doch die damalige finanzielle Situation der Familie ließ ein Studium nicht zu. Mehr aus Verlegenheit wählte er schließlich die Ausbildung zum Graveur in Steyr. Hier erlernte er die Technik des Gravierens. Seine Kreativität entdeckte er vor allem in der Bastelwerkstatt seines Vaters, wo er nach Herzenslust zeichnen und modellieren konnte. Als dann das Angebot des ehemaligen Chefgraveurs des Hauptmünzamtes in Wien kam, für eine Arbeitsstelle als Graveur vorzusprechen, zögerte Pesendorfer nicht lange. Die kreative Atmosphäre, die geräumige und gepflegte Arbeitsstätte, das alles überzeugte ihn, hier genau richtig zu sein. Und auch der Chef der Graveurabteilung Hans Köttenstorfer war umgekehrt von Pesendorfer überzeugt. Der Grundstein für die Karriere war gelegt.
Dass er bei der Münze Österreich genau richtig war, bewahrheitete sich für Thomas Pesendorfer schnell. Schon 1982 durfte er seine erste Münze entwerfen: eine 20-Schilling-Münze mit Joseph Haydn als Motiv. Als dann der seinerzeitige Chefgraveur in den Ruhestand ging, wurde Pesendorfer als Nachfolger bestimmt. Und dass die Wahl genau richtig war, sollte sich schon bald bewahrheiten.
Von Münzen zu Medaillen
Das Entwerfen von Motiven für Münzen und Medaillen wurde zu Thomas Pesendorfers Leidenschaft. 1988 beschloss sein Bruder Anton, selbst geprägte Medaillen zu vertreiben und gründete einen Medaillenverlag. Thomas, in seiner Freizeit als freischaffender Medailleur tätig, entwarf Designs für besondere Anlässe z. B. Firmenjubiläen, Oberösterreichische Landesausstellungen, Verdienste um das Feuerwehrwesen und seit 1991 jedes Jahr einen Glücksjeton zum Jahreswechsel. Sein Bruder Anton kümmert sich seither um Produktion und Vertrieb. Münzsammler kommen so in den besonderen Genuss, immer wieder neue Medaillen in hervorragender Prägequalität und mit Designs eines bekannten Graveurs erwerben zu können.
So entstand der Wiener Philharmoniker
Als die Nationalbank 1989 das Hauptmünzamt übernahm, wurde die Graveurabteilung in einem internen Wettbewerb mit der Gestaltung einer Münze als Goldanlageprodukt beauftragt. Verschiedene Ideen waren als Motiv angedacht, Stephansdom, Stift Melk, Oberösterreichische Goldhaube, oder Musik. Letzteres traf bei Pesendorfer ins Schwarze. Ihm kam die Idee, ein Motiv in Verbindung mit dem Orchester der Wiener Philharmoniker zu entwerfen.
Also ging er kurzerhand ins Sekretariat des Orchesters und bat um ein Gespräch. Die Vorzimmerdame war skeptisch – ein offizielles Schreiben konnte Pesendorfer nämlich nicht vorlegen. Die Sache mit der Münze sollte ja vorerst geheim bleiben. Durch einen glücklichen Zufall kam der Kontakt zu den Philharmonikern doch noch zu Stande. Die Frau des damaligen Vorstandes war zufällig bei dem Gespräch zwischen Pesendorfer und der Vorzimmerdame dabei und berichtete ihrem Mann von dem seltsamen Besuch. Der für das Archiv zuständige Dr. Hellsberg rief kurze Zeit später in der Münze Thomas Pesendorfer an, lud ihn offiziell ins Archiv ein und die Motivsuche konnte losgehen. Am 10. Oktober 1989 war es dann so weit. Die Goldmünze kam in zwei Größen, zu einer und einer viertel Unze in den Handel.
Thomas Pesendorfer ist mehr als der Schöpfer des Philharmonikers
Selbstverständlich wird Thomas Pesendorfer aufgrund des Welterfolgs des Wiener Philharmonikers bis heute vor allem mit diesem Werk in Verbindung gebracht. Doch auch für zahlreiche andere Münzdesigns war und ist er in Fachkreisen bekannt. Für seine Leistungen wurde er schon mit zahlreichen Preisen geehrt, darunter der Vreneli Preis der „World Money Fair“ für Verdienste um die Numismatik und etliche seiner Münzen wurden mit dem „Coin of the Year Award“ ausgezeichnet. Bei Sammlern ist Pesendorfer außerdem wegen seiner künstlerisch höchst anspruchsvollen Medaillen beliebt.